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Diakoniestation Heilbronn e.V.

Mehr Geld für Pflegekräfte?

10.5.2021

HEILBRONNER STIMME

Heilbronn | REGION | Freitag, 7. Mai 2021

Seite 25

 

Spahns Pflege-Vorstoß
löst geteiltes Echo aus

 

REGION Mehr Geld für Pflegekräfte? Caritas sieht einen großen Fortschritt nach gescheitertem Flächentarif – Verdi kritisiert möglichen Missbrauch

 

Von unserer Redakteurin
Petra Müller-Kromer

 

 

Eine bessere Bezahlung dringend benötigter Pflegekräfte ist erklärtes Ziel der großen Koalition. Ob sich dieses mit Spahns Neuregelung erreichen lässt, darüber wird gestritten.

 

Foto: Photographee.eu/stock.adobe.com

 

Der Vorstoß von Gesundheitsminister Jens Spahn für eine Reform der Pflegefinanzierung ruft in der Region eine geteilte Resonanz hervor. Die Idee: Ab 1. Juli sollen Versorgungsverträge nur noch mit Einrichtungen geschlossen werden, die nach Tarifverträgen oder tarifähnlich zahlen. Ziel ist die bessere Entlohnung der Arbeitnehmer im Pflegebereich. Zudem soll der Eigenanteil der Heimbewohner sinken.

 

Verdi kritisiert den Vorstoß. Dass etwa Haustarife als Maßstab genommen werden könnten, ermögliche Missbrauch. Flächentarifverträge, ähnlich denen des öffentlichen Dienstes, seien nötig. „Der Gesetzesentwurf macht deutlich, dass sich Beschäftigte und Pflegebedürftige nicht auf hoffnungsgebende Worte verlassen sollten,“ sagt Arne Gailing, Gewerkschaftssekretär Heilbronn-Neckar-Franken.

 

Die Caritas sieht das anders. „Da ist ein kräftiger Schub reingekommen“, findet Stefan Schneider, Regionalleiter der Caritas Heilbronn Hohenlohe. Gut sei zudem, dass der Eigenanteil für Pflegebedürftige gesenkt werde. Auch hier bemängelt Verdi, dass der Entwurf keine Deckelung vorsehe, sondern lediglich schrittweise Leistungszuschläge. In den nächsten Tagen beziehen die Spitzenverbände auf Bundesebene Stellung. Schneider: „Das könnte ein großer Wurf werden, von dem alle profitieren und eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Tarifangebot zu Beginn des Jahres.“

 

Kritik Im April war die Caritas bundesweit in die Kritik geraten, als sie einen allgemeinverbindlichen Flächentarifvertrag abgelehnt hatte. Nach dem Veto des großen kirchlichen Trägers hatte die arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie, des zweiten großen Mitspielers, gar nicht mehr abgestimmt.

 

„Die Caritas hat immer gesagt, sie ist für faire Vergütungen“, sagt Schneider. „Man hätte weiterverhandeln müssen. Denn wir hätten große Sorge gehabt, wenn dieses Tarifwerk gekommen wäre.“

 

Der Hintergrund: Caritas, Diakonie und Kommunen zahlen mit die höchsten Tarife im Pflegesektor. „Bis zu 20 Prozent mehr“, sagt Gerald Bürkert, Geschäftsführer der Diakoniestation Heilbronn. Bei Vorstellungsgesprächen mit Interessenten rechne er teilweise vor, dass diese bei privaten Trägern auf bis zu 15 000 Euro verzichteten in zehn Jahren. Der Flächentarif wäre über dem Mindestlohn gelegen aber unter dem dieser Träger. Schneider: „Dann wäre die Refinanzierung nicht mehr gesichert gewesen. Wir sehen die Gefahr, dass die Kostenträger das als Norm genommen und höhere Kosten nicht mehr akzeptiert hätten.“ Mit Spahns Vorstoß sei das anders.

 

Ohne Flächentarif haben allerdings Pflegekräfte in privaten Einrichtungen das Nachsehen. Sie profitieren nicht von betrieblicher Altersvorsorge, Überstundenzuschlägen und Weihnachtsgeld wie Kollegen bei Wohlfahrtsverbänden.

 

Ein Netz nach unten hin wäre deshalb wichtig gewesen, sagt Gewerkschaftssekretär Arne Gailing. Dass es für die Pflegekasse unter Umständen teurer geworden wäre, könne nicht der Grund für „Armutslöhne in einem Knochenjob“ sein, findet Silke Ortwein, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Stadt- und Kreisverband Heilbronn.

 

Anstrengend Dass die Arbeit „anstrengend ist, sowohl körperlich als auch psychisch“, kann Sofia Haner bestätigen. Gleichzeitig schätzt die examinierte Altenpflegerin bei der Diakoniestation Heilbronn ihren Beruf: „Man gibt viel, aber man bekommt auch viel.“ Höchstens vier Minuten für die Medikamentengabe: Das sieht zum Beispiel der Gesetzgeber vor. So eng ist Sofia Haners Zeitkorsett nicht geschnürt. Ihr Arbeitgeber, die Diakonie, hat als gemeinnütziger Träger etwas freiere Vorgaben. „Wenn es dem Patienten nicht gut geht, dann habe ich die Luft, zu reagieren.“

 

26 Jahre ist sie jetzt dabei, davon 24 in der stationären Pflege. Das ist länger als die meisten ihrer Kollegen. „Viele sind nach kurzer Zeit ausgebrannt und suchen sich etwas anderes“, sagt Stefan Schneider. „Wichtig ist es, die Rahmenbedingungen und die Wertschätzung in der Pflege zu erhöhen.“

 

Kommentar „Schieflage“

 

„Das könnte ein
großer Wurf werden.“

 

Stefan Schneider, Caritas

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